Interview mit Paul Muller (Horst Schwickerath — Aikidojournal 02/2001)

INTERVIEW mit PAUL MULLER (Teil 2 – Aikidojournal 02/2001)

Danach kam also die Orientierung an Yamaguchi Sensei, über Christian Tissier?

Durch die Splitterung des Verbandes folgte ich ja nicht mehr Tamura Sensei, so kam es, dass ich in den Jahren 1982-86 quasi »ohne Meister« war.

Ja, anfangs hatte ich – allein schon wegen der Freundschaft zu Christian – einen guten Kontakt zu Yamaguchi Sensei. Durch Christian bekam ich auch die Einladungen zu den Lehrgängen von Yamaguchi Sensei, z.B. in Mannheim. Es waren, schon wegen der geringen Teilnehmer ganz »persönliche Lehrgänge«, bei denen ich ganz nah an Yamaguchi Sensei dran war. Er ist ein grosser Meister gewesen, aber sein Stil, den viele Franzosen gerne übernahmen, der gefiel mir nicht. Vielleicht, weil es mir nicht liegt, den Uke soviel arbeiten zu lassen. Diese Philosophie mag ich nicht vertreten. Deshalb habe ich mich dort nie ganz angeschlossen.

1986 ging ich nach Japan und lernte Nisho Sensei kennen. Das war für mich wunderbar. Denn sein Aikido ist, was die menschlichen Ziele und das Metaphysische (wie den Stil) angeht, ebenso hoch wie bei Nakazono Sensei. Was eigentlich nicht verwunderlich ist, weil sie ja Freunde waren. Auf der anderen Seite, empfand ich es, wie auch bei Nakazono, realistischer, konkreter. Vielleicht, weil Nishio z.B. 7 Dan. Karate und 8. Dan in Iai-Do ist. Das sind Dinge die ich ja auch alle praktizierte »J’ai retrouvé certaines fundamentals valeurs«. Da habe ich bestimmte Werte wieder gefunden.

Also realer für Dich, was den Kampf angeht?

Ja, ein bisschen. Nicht den Kampf, Kampfkunst muss schon sein, aber nicht, um zu gewinnen; schau, seit es Schusswaffen gibt, gibt es keine »starken Männer« mehr. Also muss die Entwicklung, resultierend aus einem jahrelangen Training, schon einen anderen Sinn haben als »Kampf« oder »Sieg«. So ist es mein Ziel – für mich wie für meine Schüler n je weiter ich komme, mir umso weniger durch den Uke helfen zu lassen. Damit meine ich in etwa folgendes. Soweit wie ich bin, so frei sollte auch mein Angreifer sein können. Erreiche ich dieses Ziel, dann kann ich darin etwas für mich finden. Wenn nicht, dann ist es für mich wie ein Tanz, indem es keine Entwicklung gibt.

Esoterisch?

Esoterik, vielleicht auch etwas anderes – Esoterik, Metaphysik? Nakazono Sensei sprach beispielsweise von Religion. Nakazono Sensei hat uns die Religion so vorgestellt, wie wir sie in unseren Köpfen haben. Wir mussten uns also nichts Neues vorstellen. Er sagte, »sucht es selbst, wenn ihr wollt, aber „nicht im Aikido“«. Im Aikido gibt es keine Dogmen.

Er sagte auch, Aikido ist ein Mittel, um Religion zu verstehen und sich selbst zu prüfen. Durch den Kampf, durch »das Aufpassen«. Je weiter man kommt, umso mehr erfährt man, dass nach dem »Aufpassen« »die Aufmerksamkeit« kommt. Die nächste Stufe nach der »Aufmerksamkeit« ist dann »die Intuition«. Die Intuition ist das, was man braucht, wenn man »leben« will. Dann darf man nicht »nur spüren«, dann muss man intuitiv handeln können; »nur spüren« würde heissen, dass es nur über die Reflexe geht – zum Beispiel, es kommt zu einem Angriff und ich denke, jetzt mich ich was machen – dann ist es schon zu spät! Denn der Angreifer »formt« seinen Angriff schon im voraus im Kopf. Sobald ich das Stadium der Intuition erreicht habe, spüre ich, was der Angreifer vorhat. Es spricht etwas in mir an. Ich bin automatisch bereit. Das meinte ich, mit Intuition. Dieses Stadium versuche ich zu erreichen, mich darin zu schulen. Diese Intuition wird dann überall eingesetzt, im Gebiet Metaphysik und in der Religion. Sie ist ein Werkzeug, um mir zu helfen, bei dem »was ich hier mache, in dieser Welt«. Das ist meine Anschauung, das war auch die Anschauung von Nakazono Sensei.

Aber das kann man »nur erreichen«, wenn das Training sich nach und nach steigert, sprich, sich die Ernsthaftigkeit des Angriffes proportional mit meiner Entwicklung steigert. Denn sonst kann sich die Aufmerksamkeit nicht zur Intuition entwickeln.

Vorhin sagtest Du, dass es Dir nicht gefällt, wenn der Uke soviel arbeiten muss. Meinst Du das damit?

Ja, genau das. Denn, wenn mir der Uke zu viel hilft, so dass die Bewegung jedesmal klappt, dann entwickelt sich nichts.

Interessant ist es immer, zu sehen wie die Leute total erschöpft von der Matte gehen, nicht als Tori, sondern als Uke. Diese Art bringt natürlich etwas, vor allem was die Reinigung angeht. Aber – pardon – ich mache Aikido!

Wie siehst du den Unterschied zwischen den beiden Sensei Tamura und Nishio? Sicherlich, diese Frage ist eigentlich nicht beantwortbar, wenn Du so viele Jahre nicht mehr mit Tamura Sensei gearbeitet hast.

Ich habe Tamura Sensei immer regelmässig gesehen, erst vor ca. 6 Wochen in Mulhouse, aber wenn man einem japanischen Meister einmal nicht mehr folgt, dann ist man »vergessen«.

Ich glaube, Tamura Sensei hat unsere Mentalität nicht richtig erfassen können und sich immer wieder auf die Meinung von einigen seiner Schüler gestützt. Das gab dann viele Probleme. Er merkte dies auch, aber wohl immer etwas zu spät. Dies führte ja auch zur Splittung des Verbandes 1982. – Aber, auf der Matte, da hat er ein sehr hohes Niveau.

Was ist denn nun der Unterschied zwischen Tamura und Nishio?

Der grosse Unterschied liegt den Bereichen, die das Schwert betreffen. Tamura Sensei ist mit dem Schwert ja auch sehr gut, aber Nishio Sensei ist eben 8. Dan im Iai-Do Toho und macht alle Aikidobewegungen mit Stock und Schwert.
Aber vergleichen kann man sie nicht. Man könnte keinem von beiden gerecht werden. Beide sind Grössen, zwei ebenbürtige Gebirge.

Tja, was soll ich sagen! Nishio Sensei ist älter, er ist der Sempai von Tamura Sensei. Ich glaube sogar, dass Tamura Sensei einige Iai-Do Kurse von Nishio besucht hat. Nishio Sensei ist immer noch schnell, fast unheimlich schnell, ist er doch schon 72 Jahre alt. Natürlich ist auch Tamura Sensei schnell, er feiert dieses Jahr übrigens seinen 68. Geburtstag. Es ist wirklich schwierig, die beiden zu vergleichen.

Tja, Tamuras Schnelligkeit ist schon erstaunlich. Ich habe es kürzlich in Paris wieder gesehen, als Doshu dort war. Er liess sich für die Filmaufnahmen angreifen, ich sage Dir, es beeindruckte mich. Er ist tatsächlich schnell, »affig schnell« – obwohl ich das nicht als Beleidigung geschweige als Vergleich verstanden sehen möchte.

Was meinst Du, warum ist es für uns so schwierigist, ohne Kraft zu arbeiten. Gut, wir haben einen anderen Körperbau, vielleicht ist das physio-kulturell??

Ich habe mit einigen Uschideshi vom Aikikai in diesem Sommer in Tokyo gearbeitet. Da sind einige sehr Junge darunter, vielleicht so 30- bis 35jährige – vierte, auch fünfte Dane. Da habe ich wirklich das Gefühl gehabt, die haben Kokyu. Das heisst, die sind entspannt und »nehmen« meine ca. 85 Kilogramm (lautes Lachen) trotzdem locker. Das fühlt man sofort, wenn man 25, 30 oder mehr Jahre Aikido macht wie Du – oder ich, nach 38 Jahren. Da hast du das einfach im Gespür. Warum das so schwierig ist, fragst Du? Wir Westler schaffen das auch, es dauert nur etwas länger.

Ich denke, unsere Shihans haben es uns damals so beigebracht, statisch und starr zu arbeiten. – Hast Du 1971 ein Dojo eröffnet, damals als Du aus Paris zurück gekommen bist?

Da ich in Paris in einer Universitätssporthalle trainierte, habe ich versucht, auch hier in die hineinzukommen. Das bewies sich aber als sehr schwierig. Ich bin seit Oktober 1971 im dem Saal, den Du vorhin gesehen hast, aber die Konditionen waren ganz andere. Ich war nicht mehr bezahlter Universität-Lehrer. Ich musste über einen Verein, den »Club de l’Université de Strasbourg«, Eintritt erlangen. Diesen Status habe ich noch heute, obwohl ich mittlerweile an der Universität einen kostenlosen Einführungskurs für Studenten abhalte. Das ist aber auch erst seit acht Jahren so. Im übrigen gebe ich für unsere Klubmitglieder im gleichen Saal an anderen Tagen Training. Unabhängig davon habe ich einen anderen kleinen Klub, in Cronenbourg, in dem wir auch im Sommer trainieren können. Das sind zwar nur 100 m2 Mattenfläche. Das Dojo liegt zirka vier Kilometer vom Zentrum Srasbourgs entfernt. Wir trainieren da seit 27 Jahren.

Was verändert sich für dich nach der »Wiedervereinigung« der beiden grossen französischen Verbände?

Sie ist noch nicht vollzogen. Als es 1982 zu der Spaltung kam, ist mir die Mehrheit hierher ins Elsass gefolgt. Die Elsässer sind ja als sehr »freiheitsliebende Menschen« bekannt.

Die FFAB um Tamura Sensei musste hier im Elsass quasi von vorne anfangen. Mit ehemaligen Schülern von André Nocquet und das waren relativ wenige. Wenn ich die Zahlen richtig im Kopf habe, so haben sie im Augenblick ca. 300 bis 400 Mitglieder, wir dagegen ca. 2200.

Doch wir kennen uns, einige von den Aikidokas, die Tamura Sensei folgen, sind ehemalige Schüler von mir und wir stehen immer noch in gutem Kontakt zueinander. Was soviel heisst, dass wir, sowieso ein- oder zweimal pro Jahr zusammen arbeiten, nicht nur zwecks Lösung der potentiellen Probleme rund um die »Wiedervereinigung«. Wir sind miteinander verbunden, so oder so.

Faktisch sieht es so aus, dass die »UFA« (»Union des Federations d’Aikido«, bestehend aus Mitgliedern zu gleichen Teilen der FFAAA & FFAB. Anmerkung Redaktion) das französische Aikido wiedervereinigen soll.

Auf unserer Seite, der FFAAA, bin ich eins der vier Mitglieder der »CTP« (Commission Technique Paritaire. Anmerkung Redaktion) seit der Gründung. Die drei anderen sind, Du kennst sie, Christian Tissier, Franck Noel, Bernard Palmier.

Um es zu vervollständigen, die vier Mitglieder der CTP für die FFAB sind Claude Pellerin, Jean-Paul Avy, Jean-Yves Levourch und Jean-Luc Fontaine.

Du hast Dich auch ein wenig mit der chinesischen Medizin beschäftigt, nicht wahr?

Nakazono Sensei praktizierte viel Akupunktur, aber das durfte er hier nicht, das ist mit einer der Gründe, warum er Frankreich verlassen hat. Es ist nicht wie in Deutschland oder der Schweiz, wo man das relativ frei praktizieren kann. Er hat Probleme bekommen, weil er eben ohne Ausbildung mit Nadeln praktizierte »pour exercice illégal de la médecine « – illegale medizinische Ausführungen.

Wir, seine Schüler, mussten da mitmachen. Ich war persönlich nicht besonders daran interessiert. Akupressur, also Shiatsu, das habe ich gerne mitgemacht, auch heute noch, aber mit Nadeln, das habe ich selbst nicht gerne gehabt. Und dann noch an anderen ausprobieren, nee.

Damals in Paris habe es mal bei Freunden, die Rugby spielten und Knieverletzungen hatten, ausprobiert. Nicht zur allgemeinen Begeisterung. Ich weiss nicht, vielleicht kommt das ganz einfach vom Ordnungssinn. Bei uns in Frankreich muss man eben Medizin studiert haben, wenn man das praktizieren will. Aber Shiatsu, ja das passt, das mag ich gerne. Das ist ja auch oft notwendig, wenn sich jemand auf einem Lehrgang verletzt.

Dann hast Du auch Kototama studiert oder hast Du das nur getan, solange Nakazono hier war?

Ich habe nachher leider nur noch wenig Kontakt zu Nakazono Sensei gehabt. Er hat einen Schüler, Jean-Claude Tavernier, der jetzt in Paris ist und hat des öfteren Nakazono Sensei von Santa Fee nach Paris eingeladen, um Seminare über Kototama zu halten (Kototama unter medizinischen Gesichtspunkten und Kototama mit Akupunktur). Ich war zweimal privat in der Wohnung von Jean-Claude. Wir drei hatten längere Diskussionen über diese Themen… es faszinierte mich, wie Nakazono Sensei z.B. Krankheiten durch das Kototama erklären konnte.

Nakazono Sensei hat immer von Anfang an gesagt, Kototama ist das gleiche wie das »Evangille de St. Jean«. Johannes der Täufer sagte: »Am Anfang war das Wort«. Als er hierher kam, fiel ihm der Vergleich zwischen der Tafel, die Johané heisst und Johannes dem Täufer, sofort auf. »Das kann kein Zufall sein«, sagte er! (Zur Information: die Tafel schreibt die Buchstaben a-o-u-e-i und die Konsonanten s-l-m vor, wer damit nichts anfangen kann, darf mich ruhig fragen.).

Man muss dazu wissen, die Japaner lieben Vergleiche mit den »Syncrétisme«, wie man im Französischen sagt. Sie verwerfen nicht eine Religion für eine andere, sie verbinden die Dinge.

(Lautes Lachen).

Es war sehr interessant, ich habe es aber nie ganz verstanden. Das ist schwer zu verstehen.
Wir haben es praktiziert, er hat uns einiges gezeigt, z.B. du machst Kokyu-ho und sagst gleichzeitig »su«, noch besser, du denkst es nur, das reicht. Oder das Gegenteil: »O« – mit einem Ton klappt es nicht so gut, zwei sind besser. Du wirst merken, es ändert sich etwas – im Kopf. Und das wirkt sich auf den Körper, auf den ganzen Körper aus.«

Aber das habe ich nur mit Nakazono gemacht, ich habe das nie mit anderen Menschen praktiziert.

O Sensei hat das ja sehr intensiv praktiziert.

Ja, und heutzutage sind viele Menschen am Kototama interessiert, nicht nur ich.

Wie trainiert Du heute Anfänger?

Als erstes üben wir rollen, »il faut être en securité« – er muss sich sicher fühlen, auf das Rollen wird aufgepasst. Auf die Gefahr wird auch aufmerksam gemacht. Denn hier an der Universität sind doch altersmässig die Praktikanten sehr gemischt. Es sind vierzig- und fünzigjährige und ca. zu achtzig Prozent sehr dynamische junge Leute. Sie müssen verstehen lernen, dass man einen Shiho-nage zum Partner hin beendet und nicht seitlich zu ihm. So wird vermieden, dass es zu Verletzungen wie z.B. ausgerenkten Arm- und Schultergelenken kommt. Auch Sankyo ist sehr gefährlich. Aber ansonsten lasse ich sie frei üben. Ich zeige nur Portionenweise, dann sollen sie üben.

Aikido ist am Anfang kompliziert, sogar für Judokas. Ich erzählte ja schon, dass wir gute Kontakte zu den Judokas in verschiedenen Klubs haben. Von Zeit zu Zeit kommen einige, auch dritte und vierte Dane, zu Besuch. Aber so einfach geht das nicht. Auch für uns Aikidoka nicht. In der Zeit, in der ich sozusagen »keinen Meister« hatte, habe ich mich wieder ein wenig im Judo probiert. Im stehen konnte ich mit den jungen ersten und zweiten Danen ganz gut spielen, aber am Boden da ging nichts. Da war ich wie ein Anfänger, da fehlte die Übung. Es benötigt schon viel Arbeit, wenn man etwas am Boden machen will, im Judo.

Ich glaube, es ist das selbe im Aikido. Es reicht nicht, zu wissen, wie etwas funktioniert, man muss auch die entsprechenden Muskeln einsetzen können. Es sind nicht die gleichen. Uns unterscheidet viel, auch wenn wir den gleichen Anzug tragen.

Klar, wenn ich jetzt viel Kendo übe, dann werde ich jeden Aikidoka in den Schatten stellen, was die Schlagkraft angeht. So wird ein Handwerker, trotzdem wenig, eher keine Vorteile gegenüber einem Aikidoka haben. Umgekehrt dürfte es für den ungeübten Handwerker problematisch sein.

Aber um auf meine Ausgangsfrage zurück zu kommen, wie vermittelst Du das kraftlose Arbeiten?

Da kann man kaum was machen. Ich habe ca. 30 Prozent Frauen in den Gruppen. Ich sage Ihnen immer, wenn sie keine Kraft haben, dann brauchen sie auch keine einzusetzen und wenn sie viel Kraft haben, dann brauchen sie auch keine einzusetzen. Lautes Lachen. Dann sind sie verkrampft! Auch die Mädchen versuchen mit aller Kraft den Shiho-nage durchzuführen. Da kann man sagen, was man will, sie müssen »ihren Weg gehen«, ihre Erfahrungen sammeln.

Entschuldige, das ist wie hier mit Deinem Sohn Jean-Pierre, da kannst Du sagen, was Du willst, er muss seine Fehler machen, um zu lernen. Also ich sage das, weil ich zwei ältere Söhne habe… langes Lachen.

Natürlich erkläre ich, was man sucht, im Aikido, was Aikido ist. Ich erkläre den Weg, aber für alles andere muss man ihnen Zeit lassen, und das ist eine lange Zeit! Wir wissen es, nicht wahr.

»La meilleure comparaison, c’est l’apprentissage d’un instrument de musique«, der beste Vergleich ist das Erlernen eines Musikinstrumentes. Meine Tochter hat Klavier spielen gelernt, sie benötigte die gleiche Zeit. Wenn ich den Anfängerkurs hier an der Universität gebe, dann sind hundert Leute auf der Matte und dann kommen immer welche, die sagen: »ja, die Bewegung klappt ja gar nicht« oder »das geht ja gar nicht«. Dann erkläre ich immer, dass sie, würden sie Klavierstunden nehmen, auch nicht nach dem ersten Monat schon ein Klavierkonzert von Mozart spielen möchten bzw. können. Es sei denn, sie seien ein Naturtalent. Lautes Lachen.

Ja, das ist doch das gleiche, oder?. Der Kerl nimmt ein Monat Klavierunterricht und tippt dann mit zwei Finger auf dem Tasten herum, …der kann so doch auch keinen Shiho-nage beurteilen. Da muss man schon zehn Jahre trainieren. Na, vielleicht nicht zehn, aber mindestens fünf, sechs, sieben, acht Jahre. Es braucht alles Zeit. Man muss ihnen das erklären.

Ok, nach dem ersten Jahr geht es schon besser, nach dem dritten Jahr sieht man, wo man steht, etc. Aber um wirklich einen Erfolg, einen Fortschritt zu erkennen, da braucht man sechs sieben Jahre Training, regelmässiges Training, d.h. mindestens zweimal die Woche, besser dreimal. Einmal ist nicht genug. Das ist auch beim Klavierspielen nicht anders. Selbst der Könner muss immer wieder üben, um nicht aus der Übung zu kommen.

Deine Reisen nach Japan, sind die eher privat?

Nein nein, schon nur für das Aikido. Dieses Jahr habe ich auch mal einen privaten Abstecher gemacht. Mit Schüler von Nisho Sensei war ich in Hakone, in Onsen, die Therme, so wie Baden-Baden, aber sehr warm.

Ist das diejenige mit 42 Grad, ich glaube die mit 45 ist in Tokyo?

Nein, die ist nicht so heiss. Also ich schaffe es dort hinein zugehen. Im »Sento«, in der Stadt, ist es sehr heiss. Da habe ich Probleme, rein zu gehen! Aber die natürliche Quelle in Onsen ist erträglich, sie ist eben natürlich, während die »Sento« aufgeheizt wird. Dann waren wir noch drei Tage am Meer bei Kyoto. Dort habe ich zwei Übungsschwerter gekauft.

Die restliche Zeit war ich in Tokyo, wo ich versuchte, jeden Tag zwei Stunden im Aikikai zu trainieren. Dann bin ich meistens zwei bis dreimal pro Woche bei Nishio Sensei in Omiya, das liegt gut eine Zugstunde vom Zentrum entfernt.

Sein erstes Dojo hat er ja im Finanzministerium gehabt.

Machst Du irgend etwas spezielles im Training?

(Lautes Lachen) Ja, seit zehn Jahren mache ich etwas anderes. Am Ende vom Kurs, was in anderen Sportarten sehr verbreitet ist, mache ich zehn Minuten Körperdehnungen. Denn nun ist der Körper warm… Ich mache es hauptsächlich für die Beine, nicht für den Oberkörper, da wir ja viel mit den Beinen machen. Sonst etwas spezielles mache ich nicht unbedingt. Ich übe viel mit den Waffen, so 20 bis 30 %, ansonsten mache ich einfach klassisches Aikido.

Paul ich danke dir für das Gespräch, ich hoffe auf eine Fortsetzung.

Kleines Curriculum vitae:
13.7.47 in Strassburg geb., 3 Kinder
Elektroniklehrer in einer öffentlichen Schule (Studium an der ENSEA-Paris)
Mitglied der ACFA (Französischer Kultureller Aikidoverband)
Seit 1963 Aikido an der »ASOR« in Schiltigheim/Strasburg
1965-1974 vierwöchige Sommerseminare mit Senseis Nakazono/Tamura
1968-1973: Viermal pro Woche Training in den Dojos von Nakazono Sensei, in Paris.

Graduierungen:

  • 1966: 1. Dan Aikikai (von Nakazono/Tamura)
  • 1969: 2. Dan Aikikai, von Nakazono Sensei
  • 1971: 3. Dan Aikikai (Nakazono/Tamura)
  • 1978: franz. 4. Dan (UNA), Marseille (Tamura)
  • 1979: 4. Dan Aikikai von Tamura Sensei
  • 1981: franz. 5. Dan, von der CNGA
  • 1990: 5. Dan Aikikai, Hombu Dojo Tokyo (Nishio)
  • 1991: franz. 6. Dan, durch CNGA
  • 1995, 6. Dan Aikikai, Hombu Dojo Tokyo (Nishio)

Aikido-Studium unter:

  • 1963-1971: Nakazono Sensei (dieser verlässt 1971 Frankreich und geht in die USA)
  • 1963-1967 parallel dazu unter Noro Sensei
  • 1964-1982 bei Tamura Sensei
  • 1972-1978 bei Chiba Sensei

Tätigkeit als Lehrer:

  • 1968-1971: Aikido Lehrer im Centre Sportif Universitaire (CSU), Paris
  • 1969-1971: Aikido Lehrer in der MJC de la Nation, Paris
  • Seit Oktober 1971: Aikido Lehrer im Dojo des CSU von Strasbourg.
  • Seit Oktober 1973: Aikido Lehrer im Dojo des Sportverbandes der Cheminots von Strasbourg.

Technische Funktionen:

  • 1976-1982: Interregionaler technischer Berater für die nordöstliche Region Frankreichs. Einer der fünf Assistenten Tamura Senseis während der technischen Organisation der UNA-FFJDA für die Wiedervereinigung des französischen Aikidos (seit 1973)
  • 1976-1982: Mitglied des nationalen Komitees der Grade des Aikidos des UNA.
  • 1983-1986: nationaler technischer Delegierte (einer von vier) für die FFAAA
  • Seit 1984: Regionaler technischer Delegierte des Elsass für die FFAAA.

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